Stelle dir vor, du wirst scharf kritisiert – manchmal sogar ungerecht, unfreundlich und vielleicht sogar verletzend. Was tust du? „Angriff ist die beste Verteidigung“ – vielleicht ist das auch dein Leitspruch. Denn die meisten von uns gehen in die Verteidigung. Dann beginnen wir zu erklären, rechtfertigen, argumentieren. Aber was wäre, wenn genau das der Moment ist, in dem deine innere Stärke sichtbar wird? Nicht durch Konter, sondern durch bewusste Ruhe.
In einer Zeit, in der Meinung mit Wahrheit Verwechselt wird und Feedback oft ungefiltert und impulsiv geäußert wird, liegt eine wahre Kraft darin, sich nicht sofort zu rechtfertigen. Denn das ist nicht Schwäche, sondern emotionale Reife. Sich für das Feedback zu bedanken – ohne sich zu erklären – macht die zu einem Meister deines Mindset.
Leitsatz: Reagiere heute nicht auf ein negatives Feedback. Bedanke dich dafür, aber rechtfertige dich nicht.
Das soll kein Aufruf zur Ignoranz sein, sondern ist als Wegweiser zu innerer Klarheit und sozialer Reife zu verstehen. Im Zentrum steht die bewusste Entscheidung, die Kontrolle über die eigene Reaktion zu behalten. Das ist ein essenzieller Aspekt eines positives Mindsets und gesunder Kommunikation.
Der Reiz-Reaktions-Zyklus
Viktor Frankl entwickelte den Ansatz, dass zwischen einem Reiz und einer Reaktion ein virtueller Raum ist. Dieser Raum ist gefüllt mir unserer Macht als Wahlmittel der möglichen Reaktionen. Und genau darin liegt die Chance auf Wachstum und Freiheit.
Der Reiz ist hierbei das Feedback, oft als konstruktiv verpackt, in seiner Wirkung auf uns aber häufig negativ. Eine automatische Reaktion wäre Verteidigung, Rechtfertigung oder gleich der direkte Gegenangriff. Im ersten Moment alles befreiende Aspekte. Dem anderen hat man es aber auch gezeigt.
Ein bewusstes Mindset dagegen schafft eine Pause. Raum zum Denke entsteht und diesen Raum können wir nutzen für Reflexion und zur Selbststeuerung. Oder anders gesagt: Impulskontrolle.
Unser Ego und der Selbstwert
Sich zu rechtfertigen scheint ein Bedürfnis zu sein, das aus einem verletzten Ego entspringt. Deine innere Stimme flüstert dir in diesen Momenten zu „ich bin nicht falsch, ich bin nicht schlecht.“ Doch mit einem gesunden Selbstwertgefühl brauchst du diese Bestätigung nicht. Du weißt es einfach. Kritik wird dann als Angebot gesehen und nicht als Urteil über den eigenen Wert.
Im Machtzirkel der Stoiker
Manches liegt in unserer Macht: zum Beispiel die Art, wie ich auf Feedack reagiere. Das haben wir in der Hand und können hier eine bewusste Entscheidung treffen. Außerhalb dieser Macht liegt die Meinung der anderen. Die ist eben wie sie ist. Daran können wir wenig machen. Und eine innere Freiheit für uns entsteht erst dann, wenn wir uns von diesen äußeren Umständen nicht bestimmen lassen.
Aber aus der Philosophier gibt es noch weitere Gedankenspiele dazu: Der buddhistische Geist kennt das Konzept des „Nicht-Anhaftens“. Und ja, echte Mönche lernen das jahrzehntelang, bis sie ihren Meister darin machen. Aber mit dem Gedanken „Kritik kommt – Kritik geht“ schaffst du es vielleicht, nicht an dem festzuhalten, was dir gesagt wird. Ansonsten leidest du. Wenn du aber loslässt, dann bleibst du frei.
Diese Methoden können uns helfen
Schon öfter habe ich von der 3-Sekunden-Regel erzählt. Aber sie ist einfach zu wirksam, um sie hier zu unterschlagen. Wenn du negative Kritik erfährst, dann nehme dir dies vor:
1. Atmen
2. Innerlich sagen „Interessant, danke für den Impuls“
3. Nicht antworten. Oder besser gesagt: noch nicht.
Diese kurze Unterbrechung des Dialogs verhindert emotionale Reaktionen. Und damit hast du bereits gewonnen.
Falls dir das nicht so leicht gelingt, dann kannst du noch etwas versuchen:
Eine Dankbare Haltung einzunehmen sorgt für einen Wechsel des Blickwinkels auf kritisches Feedback. Denn auch unangenehme Rückmeldungen sind potentielle Lernchancen. Wer sich bedankt, signalisiert Selbstsicherheit und Offenheit. Deine Antwort „Danke für dein Feedback“ zeigt, dass du nicht in der Defensive bist.
Frage dich deshalb:
„Ist in dem Gesagten ein Körnchen Wahrheit?“
„Was sagt das Feedback über die Sichtweise der anderen Person – nicht über meinen Wert?“
„Was kann ich lernen, ohne mich zu verbiegen?“
Lade deinen inneren Beobachter ein

Auch diese Methode ist anfangs nicht ganz einfach. Aber mit etwas Übung kannst du dich darauf trainieren, deine Gefühle wie ein außenstehender Beobachter zu betrachten.
„Ah, da kommt Ärger…jetzt spüre ich das Bedürfnis, mich zu rechtfertigen…ich erkenne es – aber ich handle nicht danach.“
Diese Achtsamkeit ist ein Vorgang, der dir echte Stärke gibt. Denn du erkennst deine Fähigkeit mentaler Selbstführung.
Anwendung in der Praxis
Ein Kollege kritisiert deine Präsentation vor dem Team. „Das war wirklich nicht besonders überzeugend.“ Deine Impulsreaktion war in der Vergangenheit vielleicht die Rechtfertigungs-Taktik: „Ich hatte keine Zeit, mich richtig vorzubereiten.“
Stattdessen zeigst du deine inner Stärke und sagst: „Danke für dein Feedback.“
Am Tag darauf kannst du diesen Kollegen nochmals ansprechen. „Ich habe über deine Rückmeldung nachgedacht. Was genau war für dich unklar?“ Das Ergebnis aus deiner neuen inneren Stärke wird spürbar. Du übernimmst Führung über den Prozess, anstatt dich treiben zu lassen.
Auch im Privaten kann das passieren:
vielleicht sagt dir ein Familienmitglied „Du kümmerst dich nie um andere, immer geht es nur um dich.“ Deine Reaktion war seither vielleicht geprägt von Empörung, Widerspruch und Verteidigung. Doch künftig sieht das anders aus: „Ich höre, dass du dich nicht gesehen fühlst. Danke, dass du das ansprichst.“ Was du dadurch entstehen lässt ist Raum für echte und gute Kommunikation, satt Eskalation.
Fazit
Diese Praxisbeispiele zeigen: Bewusst auf spontane Rechtfertigung zu verzichten ist also kein Zeichen von Schwäche, sondern von mentaler Stärke. Denn wer sich für kritisches Feedback bedankt anstatt zu diskutieren, zeigt innere Haltung. Und wer reflektiert statt reagiert, wächst.
Ein positives Mindset bedeutet nicht, dass du alles gut finden musst, was andere sagen. Es steht aber eindeutig für deine Fähigkeit, aus allem einen konstruktiven Umgang abzuleiten.